Frühling 2023

Natürlich ist noch Winter, aber wie jedes Jahr freue ich mich schon sehr, dass die Tage länger werden und bald die dunkle Jahreszeit vorbei ist. Ist ja jedes Jahr ein Neuanfang und diesmal besonders wichtig für mich, weil ich heuer auch unser Leben umkrempeln möchte.

Das 1. Semester ist für meinen Sohn nicht so gut verlaufen, gestern hat bei uns im Osten das 2. Semester begonnen und gleich nach dem 1. Tag kam ein sehr positives Feedback der Mathe Prof. Ich hoffe so sehr, dass das ein gutes Zeichen ist und es jetzt weiterhin gut für ihn läuft. Ich habe manchmal das Gefühl, dass sein Autismus mit ihm mit wächst und ich ihn immer schlechter deuten kann. Manche seiner Gesichtsausdrücke verstehe ich nicht und gleichzeitig denke ich mir dann: so gehts ihm immer. Die Autismusbegleitung wird einen Termin bei der Schulpsychologin buchen (sein eigener Wunsch). Sie soll sehr nett sein und ich sehe auch das als wichtigen Schritt.

Bei meiner Tochter hat der Aufwärtstrend im Jänner schon begonnen und ich gönne ihr das von Herzen! Sie bemüht sich immer sehr und wird meistens mit schlechten Noten „belohnt“. Nun war sie bei der letzten Deutschschularbeit die Beste, der Prof. hat ihre Arbeit sogar vorgelesen um zu zeigen, dass er sich das so vorgestellt hat. In Deutsch! Mit ihrer Rechtschreibschwäche! In Englisch gibt ihr mein brasilianischer Assistent via Zoom Nachhilfe und das war im Grammatikteil der letzten Schularbeit auch bereits erkennbar. Zusätzlich lernen wir gemeinsam Geschichte und Bio gemeinsam und führen dabei sehr intensive Gespräche über das jeweilige Thema oder auch Gott und die Welt. Das ist oft anstrengend nach einem langen Arbeitstag, aber auch wunderschön.

Ich schwärme hier regelmäßig über meinen bald nicht mehr so neuen Job, aber es ist halt auch so toll. Letzte Woche waren Ferien und der Hort war zu. So war ich den ganzen Tag entweder in der Krippe oder im Kiga. Wenn ich nicht ab 11:30 weg muss, kann ich natürlich viel mehr auf die Kinder eingehen. Es macht einfach so viel Spaß. Leider bin ich seit gestern im Krankenstand, ich wollte diese Woche mit den Hort Kids die Faschingsdeko basteln. Aber der Nachteil des Jobs ist, dass man halt ständig irgendwas aufschnappt. Es ist eh erst mein 2. Krankenstand, aber diesmal hatte es echt keinen Sinn. Ich sehe kaum aus den Augen raus, der Hausarzt hätte die beginnende Bronchitis gern vom Lungenfacharzt abgeklärt, Mal sehen, ob ich zeitnah einen Termin dort bekomme. Wenigstens kein Corona.

Advent 2022

Meine Tochter hat direkt nach Halloween das Zimmer weihnachtlich geschmückt. Noch vor meinem Geburtstag. Für mich viel zu früh, aber, wenn es ihr Spaß macht 🤷‍♀️ jedenfalls ist sie jetzt offiziell kein kleines Mädchen mehr. Sie hatte ihre erste Periode. Es war direkt feierlich, wie sie mir erzählt hat, dass es soweit war. Natürlich in der Schule (was sie nie wollte), aber sie war vorbereitet. Nachdem sie seit Monaten zwischendurch diffuses Bauchweh hatte, war sie direkt erleichtert. Wir haben uns umarmt und irgendwie war ich wehmütig an diesem Abend. Wo ist die Zeit nur hin?

Die Arbeit ist immer noch ein Traum, auch an Tagen, wie diesen. Heute Morgen hatten wir 4 von 15 Personen im Krankenstand. Darunter beide Küchenfeen. Und mein Assistent im Hort. Meine Chefin hat mich zur Pause abgelöst. Als ich zurück komme, frage ich ob sie noch 10 Minuten Zeit hat, dann würde ich das Mittagsgeschirr vom Hort machen und die Jause richten. Passt. Ich gehe genau 2 Schritte, fragt mich die Kollegin vom Kindergarten, ob ich kurz auf ihre Gruppe schauen kann, sie muss runter zum Wickeln. Ok. Ich bin dann kaum in der Küche, Geschirrspüler ausräumen, Hortgeschirr schwemmen -> klirr, gefolgt von „Stop running, nowbody moves, Sylvia, I need your help.“ In der anderen KIGA Gruppe (die sind bereits bei der Jause) ist ein Teller in 1000 Stücke zerbrochen, der Staubsauger wird gebraucht. Jedenfalls habe ich gut 30 Minuten für alles gebraucht und konnte die Hort Jause auch gleich mitnehmen. Wenigstens bin ich halbwegs fit und trotz allem, es macht einfach auch wirklich Spaß. Morgen wird der Adventkalender das erste Mal geöffnet, mein erster, den ich gebastelt habe, immerhin für 21 Kinder und ich bin schon sehr gespannt, was sie sagen werden.

Dazwischen waren noch meine Kinder jeweils 1 Woche krank, Beide mit 2 Tagen hohem Fieber und anschließend Schnupfen, aber Antigen negativ. Da ich 1x/Woche PCR teste, nehme ich an, dass sie kein Corona hatten. Beide haben zum ersten Mal einen Fünfer auf eine Schularbeit geschrieben. Noch ist aber Zeit das auszubessern. Elternsprechtag das erste Mal an dieser Schule in Präsenz, 9 Lehrer für 2 Kinder in 2 Stunden erledigt. Rebecca wird eine Tourismusschule besuchen, d.h. sie hat an diesem Gym gerade Halbzeit. Es ist wirklich unglaublich, wie die Zeit rennt. Einmal umdrehen und Weihnachten 2022 ist auch Geschichte!

Herbst 2022

Die Rose habe ich Ende September im Kleingarten meines Vaters entdeckt. Ich habe ungewöhnlich viel Zeit dort verbracht, weil mein Vater an einem Freitag Ende August den Gärtner bestellt hat. Er sollte die Bäume und Sträucher reduzieren, das war überfällig. Den Grünschnitt würde er selbst entsorgen. Allerdings hat er übersehen, dass er am Montag mit der Krebstherapie begann und nach 3 Tagen kämpfte er mit den Nebenwirkungen der Bestrahlungen. An jegliche körperliche Tätigkeit war nicht zu denken. Also habe ich das übernommen. Abgesehen davon, dass es anstrengend ist, nach 8 Stunden Arbeit im Kiga, noch Gartenarbeit zu verrichten, war es ganz angenehm ein paar Stunden allein zu sein, an der frischen Luft. Aus 4 Wochen Bestrahlung, wurden 5 Wochen. Allerdings nur, weil er eine Woche aussetzen musste. Da hatte er sich 2 Rippen gebrochen, als er versuchte meine gestürzte Mutter aus einer misslichen Lage zu helfen. Mein Bruder hat also die letzten Wochen beide Eltern versorgt. Naja, wenigstens hat die Bestrahlung gut angeschlagen.

Die Kinder hatten wieder Schulbeginn. Unglaublicherweise geht mein Sohn jetzt in die 2. Gym, die Tochter in die 3. Sie ist top motiviert ins neue Schuljahr gegangen, hatte Mitte August sämtliche Schulsachen beisammen. Einziger Wermutstropfen war, dass ihre beste Schulfreundin, die beiden stecken seit dem Kindergarten zusammen, die Nachprüfungen nicht geschafft hat und jetzt nicht mehr mit ihr in der gleichen Klasse ist. Rebecca lernt jetzt Französisch und das macht ihr riesen Spaß. Ich wünsche mir von Herzen, dass ihre Leistung auch mit den entsprechenden Noten belohnt wird. Sie macht alles ganz alleine und fast ohne Zickerei. Beim neuen Zahnarzt wurde sie kräftig gelobt und die Kontaktlinsen passen nach 2 Monaten hin und her jetzt auch.

Raphael hat eine neue Autismusbegleitung und hat jetzt nach 6 Wochen festgestellt, dass er sie eh mag. Naja, die junge Frau vom letzten Jahr war einfach so toll, das ist schwer sie zu ersetzen. Die neue Mathe Lehrerin hat mich angerufen, um mir mitzuteilen, dass seine Aufgaben nicht vollständig sind und daher die Gesamtnote negativ beeinflussen. Das ist insofern komisch, weil ich deren Entstehung beaufsichtige. Ja, dann weiß sie auch nicht, dann muss er halt beschriften und rechtzeitig abgeben. Ok. Laut seinen Erzählungen hat sie etliche Eltern durch telefoniert. Nachdem er ja im Sommer seine langen Haare radikal geschnitten hat, wollte er jetzt die Ohren stechen lassen. Ich bin ja wirklich offen für alles, aber ihm mit 11 beide Ohren zu stechen, ging mir doch zu weit. Er trägt jetzt am linken Ohr stolz einen Stern.

Auch im Hort sind die Kinder wieder da und ich habe mich echt riesig gefreut, als es endlich soweit war. Meine Veränderungen im Gruppenraum sind gut angenommen worden, das Thema Weltraum gefällt ihnen. Wir waren jetzt schon einmal eine Stunde am Spielplatz um die Ecke, obwohl sie den ständig privat und mit der Schule besuchen, hatten sie eine unglaubliche Freude. Natürlich gibt es auch Probleme: einem neuen Mädchen werden ständig Sachen versteckt. 2 charakterstarke Mädels haben regelrechte Zickenkämpfe. Ein schwieriger Balanceakt zwischen trösten und Gespräche führen. Und mein erster Kiga Herbst hat mir auch eine fiese Verkühlung geschenkt, die mich hartnäckig seit 3 Wochen begleitet. Selbst eine Woche Krankenstand, in der ich hauptsächlich geschlafen habe, hat nicht nachhaltig geholfen. Dafür war das Knie nach einer Woche im Bett schmerzfrei.

Ich könnte noch über die finanziellen Sorgen sprechen, eine Stromnachzahlung über 1.000 Euro, einen Skikurs für 500 Euro, eine Sportwoche für 400 Euro, 2 Schullaptops für 220 Euro, eine MA40, die seit 3 Monaten einen Bescheid ausstellt (mir fehlen bereits 1.200 Euro, die ich in diesen 3 Monaten bekommen hätte sollen), aber in Zeiten, wie diesen geht es ja immer mehr Menschen, wie mir. Und ich wollte ja Neuigkeiten berichten.

Motivation

Der Ausblick vom Balkon ist auch nachts ein Vergnügen.

Am 16.08. hat die Kindergartengruppe, der ich hauptsächlich zugeteilt bin, eine neue fixe Pädagogin bekommen. Seit die langjährige Pädagogin im April ihre Schwangerschaft bekannt gegeben hat, wurde die Gruppe von der englischsprachigen Assistentin und pädagogischen Springerinnen geführt. Die ESA ist seit Ende Juni krank, die Springerinnen im Sommer eher rar, die Gruppe hing ein wenig in der Luft.

Ich war sehr gespannt auf die neue Kollegin. Sie kommt direkt von der Schule, hat eine 3 jährige Ausbildung heuer mit Matura abgeschlossen. Da ich erst seit April in der Branche bin und meine 4 monatige Umschulung lächerlich war, war die Neugier groß. Zumal wir derzeit 3 Eingewöhnungen haben und damit kenne ich mich gar nicht aus.

Die junge Frau ist top motiviert und allein das ist schon herrlich erfrischend. Unser Personal ist mehr oder weniger ausgebrannt, nach dem Wechsel der Leiterin, haben 3 Leute gekündigt, was wieder die Eltern nervös gemacht hat. N. hat sich jedenfalls den Gruppenraum sehr genau angeschaut und Ideen aufgeschrieben. Sie möchte aber die Umgestaltung mit ihrer ESA besprechen. Als erstes hat sie einmal die Sessel der Tische farblich markiert, damit sie sich nachher beim Sitzplan leichter tut. Die Kinder waren begeistert.

Überhaupt kommt sie gut bei den Kindern an und kann sich auch durchsetzen. Es ist echt eine Freude sie zu beobachten, sie nach Gelerntem auszufragen und ihre Ideen zu hören. Diese Aufbruchsstimmung hat mich angesteckt und ich konnte mir zwischendurch ein wenig Zeit für den Hort nehmen. Geputzt habe ich die Gruppe schon vor meinem Urlaub, jetzt habe ich die Idee der Geburtstagsfeier aufgeschrieben.

Ich habe den Hort im April übernommen, die Geburtstagsfeiern hat M. weiter geführt, weil die Rätsel auf Englisch waren. Jedenfalls gab es einen Piratenhut, der nie so richtig gepasst hat. Ich werde weiße Kappen besorgen und diese persönlich auf das Geburtstagskind bezogen, bemalen. Dazu gibt es Gutscheine, die im Lauf des Jahres eingelöst werden können.

Das Jahresthema wird Planeten und Sternensysteme sein. Die neue Chefin hat ihre Diplomarbeit darüber geschrieben und nimmt am Montag ihre Unterlagen mit. Dazu planen wir den Elternbrief nächste Woche, die Gestaltung der ersten Schulwoche und des Elternabends. Noch 2 Wochen Ferien, dann geht es los mit dem neuen Schuljahr und meinem ersten Turnus. Ja, ich bin motiviert und ein bisschen aufgeregt.

Achso, am 1.9. bekomme ich einen neuen englischsprachigen Assistenten für den Hort, ein junger Brasilianer, der 4 Sprachen spricht und eine pädagogische Ausbildung hat. Ich verspreche ihm eine Chance zu geben, obwohl ich weiß, dass er kein M. ist,….

Good bye Mitch!

Heute war also der letzte Arbeitstag meines Kollegen. Bei seiner Kündigung hat er gleich dazu gesagt, dass er uns am 9.9. besuchen wird, weil er sich von den Hort Kindern verabschieden möchte. Es wäre unfair einfach nicht mehr zu kommen. Also machen wir an diesem Tag das Abschiedsfest.

Diese Woche hatten wir den niedrigsten Personalstand, seit ich dort arbeite. Somit war es mir nur am Montag vergönnt, noch einmal mit ihm zusammen zu arbeiten. Wobei die Arbeit im Kiga anders ist als im Hort. Trotzdem ist mir sofort wieder diese Harmonie aufgefallen, ich beginne einen Handgriff und sehe im Augenwinkel, dass er ihn zu Ende machen wird. Wir sind im Garten und ich denke, dass wir eine Trinkstelle eröffnen sollten und er sagt:“ I‘m going to the kitchen, we need water.“

Im Praktikum habe ich ihn als freundlich und witzig kennen gelernt. Ansonsten war ich auf die Pädagogin konzentriert, die mir Aufgaben gegeben hat. Als ich im April zu arbeiten begonnen habe, kannte ich natürlich grob die Grundsätze, war aber trotzdem unsicher. Als Quereinsteigerin mit 50+ Er hat mich vom ersten Tag an aufgebaut und unterstützt. Ich war erst 2 Wochen davor im Knie operiert und er hat anfangs sehr oft die Kinderabholung gemacht.

Es gibt im ganzen Haus kein Kind, das ihn nicht liebt. Er tröstet, er schlichtet Streit, er wickelt, er verarztet. Immer auf Augenhöhe mit den Kindern. Dabei hat er als Snowboarder und Ski Lehrer vor 7 Jahren in Tirol Österreich kennen gelernt. Jetzt geht es also zurück nach Australien. Ich wünsche ihm von Herzen alles Gute! Und werde ihn selbst im Herzen tragen. Es gab wenige Menschen bisher mit denen ich derart gut harmoniert habe.

Schlaflos

Jetzt wohnen wir seit 17 Monaten hier, aber an diesem wunderbaren Ausblick kann ich mich immer noch nicht satt sehen. Die Wohnung ist viel zu klein, der Lift war jetzt 3 Wochen außer Betrieb, wir haben weder Geschirrspüler noch Waschmaschine, aber die Lage direkt an Schnellbahn und U-Bahn und der Ausblick sind genial!

Seit meiner Jugend habe ich schlaflose Phasen. Ich kann mich erinnern, dass ich mit 15 in der Nacht aus dem Fenster auf den Wilhelminenberg geschaut und mich gefragt habe, was nach dem Tod kommt. So lästig das ist, weiß ich mittlerweile, dass es irgendwann wieder besser wird. Und sei es nur aus Erschöpfung. Trotzdem habe ich mich gestern lange gefragt, warum die Polster, die meistens super bequem und handlich sind, in solchen Nächten einfach nicht und nicht passen wollen.

So wurde mir neulich Nacht bewusst, dass ich als einzige Kollegin von 15 Personen, seit 11.4. kein einziges Mal krank war. Und ich bin bei weitem die Älteste im Haus. Und sie waren wirklich krank. Naja, es gibt wahrscheinlich auch nicht viele Menschen, die 17 Monate Arbeitslosigkeit für 2 OPs und eine Umschulung nutzen.

Mein Vater hat letzte Woche seine Bestrahlung begonnen. Ich habe jeden Tag an ihn gedacht, mich aber nicht nachfragen getraut. Wenn er nicht anruft, passt es halbwegs. Gestern rief er an und erzählte, dass ihn die Nebenwirkungen am Wochenende wie ein Blitzschlag getroffen haben. Ich habe ihm von meiner Vogel-Strauß-Taktik erzählt und er hat gelacht.“Jo eh! Wenn’s Oarsch is, möd i mi scho!“

Mein australischer Kollege im Hort hat gekündigt, weil er zurück nachhause geht. Die Nachricht hat mich sehr getroffen, seit Wochen träume ich von seinem Abschied. Ich habe ihm einmal gesagt, dass ich noch nie in meinem Leben einen Mann, wie ihn kennen gelernt habe. Was vermutlich daran liegt, dass ich keine australischen Männer kenne. Unsere Zusammenarbeit war derart harmonisch, dass es fast unheimlich war. Oft haben wir ohne Absprache das gleiche Ziel verfolgt. Wenn ich eine Arbeit begonnen habe, hat er sie zu Ende geführt. Dazu kommt, das es wirklich kein einziges Kind im ganzen Haus gibt, dass ihn nicht liebt! Wenn er vorbei kommt um Hallo zu sagen, läuft die halbe Gruppe zu ihm. Das mag an seiner ruhigen Art liegen. Oder, weil er der einzige Mann im Haus ist. Am Freitag ist sein letzter Tag, aber er kommt am 9.9 sich von den Hort Kindern verabschieden. Und da derzeit auch kaum Personal da ist, machen wir seine Abschiedsfeier auch da. Ich habe lange überlegt, was ich ihm schenken soll. Ich werde einen Stein bemalen. Auf einer Seite die australische Flagge, auf der anderen die österreichische. Es werden Tränen fließen!

Abseits dieser persönlichen Befindlichkeiten, habe ich das ungute Gefühl, dass wir uns gesellschaftlich auf sehr dünnem Eis bewegen. Corona war irgendwie nur der Anfang. Heuer ist der 3. Corona Sommer, wir hatten die erste Sommer Corona Welle und irgendwie interessiert es gefühlt keinen Menschen mehr. Seit 1.8. gibt es in Österreich keine Maßnahmen mehr, seit die Tests kostenpflichtig sind, wird kaum noch getestet, und positiv Getestete ohne Symptome sollen/dürfen arbeiten gehen. Und zur Schule. Parallel dazu haben in meinem Umkreis sehr Viele sich infiziert, übrigens Alle mit Symptomen. Aber derzeit beschäftigt uns die Inflation als Auswirkung des Ukraine Krieges deutlich mehr. Die Preise für geschätzt Alles klettern in rasender Geschwindigkeit in ungeahnte Höhen. Müßig zu erzählen, dass ich 1000 Euro ! Stromnachzahlung habe. Spätestens im Herbst wird es soziale Unruhen geben, sagen Experten. Nicht nur hierzulande, denn ganz Europa ist betroffen.

Und da habe ich die Klimakrise noch gar nicht erwähnt. Der Neusiedlersee (das Meer der Wiener) ist am Austrocknen, das Grundwasser sinkt, manche Parks hier erinnern an eine Steppenlandschaft.

Das wurde jetzt ein bisschen lang, aber wie eingangs erwähnt -> schlaflos

Sommer 2022

Auf einmal ist Sommer und wir stecken in der ersten Hitzewelle. Aktuell um 23:37 Uhr draußen 18 Grad und drinnen 27. Aus diesem Grund hat Raphael eine drastische Entscheidung getroffen und seine schönen, langen Haare auf 2mm reduziert. Ich war so schockiert, dass ich die Tränen nicht verbergen konnte. Vor mir stand ein völlig fremdes Kind. Kurz war er verunsichert um mir dann mit seinen knapp 11 Jahren tröstend zu flüstern:“Mama, die wachsen bei mir ur schnell.“ Mittlerweile ist er super glücklich, weil die aufwendige Pflege weg fällt und er wirklich nur positives Feedback bekommt.

Später an dem Tag hatte ich 38 Grad Fieber. Ich habe so gut, wie nie Fieber und das erklärt dann wohl meine Gefühlsduselei. Mein erster Urlaubstag im neuen Job und ich habe eine fiese Verkühlung. Zum Glück PCR negativ. Geblieben ist jetzt noch der Husten (wie immer), aber alles besser als Corona (geht immer noch im Kiga/Hort um) oder diese lästigen Infektionen, wie Mund-Hand-Fuß oder Mengina (?), jedenfalls diese meldepflichtigen Krankheiten, die im Job unsere kleinen Gäste und Kolleg:innen reduzieren. Die Personalknappheit rauscht seit gefühlt Jahren durch die Medien, ist aber in echt noch viel schlimmer als dargestellt. Immerhin habe ich dadurch im Haus jetzt wirklich jede Arbeit kennen gelernt. Küchendienst ist auch nicht schlecht und fast, wie zuhause. Kaum ist der Geschirrspüler in Betrieb, ist die Waschmaschine fertig.

Das Sozialamt hat nach 3 Monaten fertig gerechnet, nachgezahlt und gleich ausgerechnet, dass mein Einkommen zu gering ist und ich weiterhin unterstützt werde. Mal sehen wie lange das diesmal passt. Das Finanzamt hat anerkannt, dass mein Sohn noch lebt, nachgezahlt und vorerst nur die Unterstützung für den Autismus gestrichen. Die ärztliche Überprüfung war aber mittlerweile schon und eine Bestätigung der Autismusbegleitung habe ich auch bereits erhalten, sollte also passen.

Meiner Mutter geht es immer gleich schlecht, sie wird immer weniger, ist aber geistig voll da. Schwer das in Worte zu fassen. Mein Bruder und mein Vater pflegen sie. Mein Bruder ist seit 40 Jahren Epileptiker und ich habe meiner Mutter letztens versprochen mich um ihn zu kümmern. Eigentlich selbstverständlich, aber ich glaube, sie musste es hören. Mein Vater hat 3 Herzinfarkte hinter sich und leider jetzt die Diagnose Prostatakrebs. Als absolutes Papakind seit ich denken kann, habe ich das zur Kenntnis genommen und direkt ganz weit hinten in meinem Bewusstsein verdrängt. Er selbst ist guter Dinge, dass der Krebs rechtzeitig erkannt wurde und mittels Bestrahlung in den Griff bekommen werden kann. Jetzt stehen erstmal etliche Folgeuntersuchungen an.

Die Kinder haben noch 3 echte Schultage und nächste Woche nur noch Ausflüge. Das Schuljahr ist geschafft und sie haben wieder einmal unglaubliche 9 Wochen Ferien vor sich. Diesmal kann ich nur 1 Woche mit ihnen verbringen, mehr Urlaub habe ich einfach noch nicht. Mittlerweile ist ihnen alles Recht, solange sie ausschlafen können und nichts lernen müssen.

Herausforderungen

Schon lange habe ich keinen fast durchgängigen Regenbogen mehr gesehen. Da sind wir schon bei der ersten Herausforderung: das Wetter! Jahreszeitenbedingt macht es, was es will und spielt mehrmals am Tag alle Stückeln. Das gewinnt massiv an Bedeutung, wenn du vor dem Mittagessen mit den Kiga Kindern in den Garten gehen willst und bang die Wolken studierst. Diese Woche hatten wir im Hort Glück. Das ganze Haus (Kiga und Kleinkinder) waren schon draußen ab 14 Uhr. Wir beginnen da aber erst mit der Hausaufgabenstunde. 20 Minuten später ging die Welt unter, Starkregen, Blitz, Donner und Alle mussten wieder rein, während wir uns das trara gleich erspart haben.

Der Job an sich ist auch sehr fordernd. Es ist so krass anders, als alles, was ich die letzten 30 Jahre gemacht habe. Und trotzdem auch so unendlich befriedigend. Ich war jetzt schon 2x morgens eine gute halbe Stunde ganz allein mit den ganz Kleinen. Mittlerweile kennen mich die meisten Kinder im Haus und es läuft ganz gut. Ansonsten bin ich vormittags bei den 3-6 Jährigen und ab und zu habe ich jetzt schon kleine Arbeitsaufträge mit ihnen gemacht. Am wohlsten fühle ich mich aber im Hort bei den 6–10 Jährigen, es war einfach die richtige Entscheidung. Keine im Haus möchte mit mir tauschen, aber für mich passt es! Auch mein australischer Kollege ist top, wir ergänzen uns richtig gut. Beim Abholen von der Schule hat mich heute eine Lehrerin angesprochen, ob ich die Sylvia bin. Weil N. so viel von mir redet, nur positiv, ich sei die Beste der letzten 2 Jahre. N. Ist in der 4. Klasse, hat ständig die Klappe offen, hinterfragt alles (aber mit guten Argumenten) und ist trotzdem eher liebenswert, als unangenehm dabei. So ein Kompliment von einer 10 Jährigen macht echt große Freude. Diese Woche kann ich auch erstmals sagen, dass das Knie deutlich belastbarer ist und ich hoffe wirklich das bleibt so.

Mein Endgegner sind definitiv die Finanzen. Die Mindestsicherung wurde die letzten beiden Monate wieder jeweils um 600 Euro zu wenig überwiesen. Das Spielchen spielen wir jetzt zum 3. Mal. Das AMS meldet den Kindsvater ab, die MA40 reduziert die Überweisung, wir melden wieder an, die MA40 zahlt nach. Üblicherweise dauert das 6 Wochen, jetzt sind sieben Wochen um und mir fehlen immer noch 1.200 Euro. Jetzt wird das Amt gänzlich verwirrt sein, weil ich wieder ein Einkommen habe. Aber der größte Ärger ist grad das Finanzamt. Vor ein paar Wochen bekomme ich eine Einladung zu einer ärztlichen Untersuchung für den Sohn. Es soll geprüft werden, ob sein Autismus noch vorhanden ist und die erhöhte Kinderbeihilfe somit gerechtfertigt ist, oder nicht. Der Termin war 3 Tage nach meiner OP und ich hätte ihn besucht, wenn nicht gerade an dem Tag beide Kinder Antigen positiv gewesen wären. Ich habe den Arzt schriftlich und mündlich informiert. Auch die Behörde, die den Termin ausgeschrieben hat. Alles kein Problem, sie bekommen einen neuen Termin, das dauert halt. Heute wurde die Kinderbeihilfe für die Tochter überwiesen, für den Sohn nicht. Es wurde nicht die Differenz zur Erhöhung gestrichen, sondern sein komplettes Kindergeld, als ob er nicht mehr existieren würde! Jetzt fehlen mir zusätzlich 300 Euro, was besonders bitter ist, weil die Kinder im Mai und Juni Geburtstag haben. Ich bin es gewohnt am untersten Limit zu leben, aber diese Steine, die ständig noch zusätzlich im Weg stehen, machen die Sache langsam ziemlich trostlos.

Der neue Job

Wie geplant habe ich meinen neuen Job am 11.04. begonnen. Jetzt werde ich oft gefragt, wie es ist und ich finde keine Worte. Es ist so grundlegend anders als alles was ich die letzten 30 Jahre gemacht habe. Es ist überwältigend, fordernd und anstrengend. Und es ist wunderbar. Vormittags helfe ich im Kindergarten aus. Ab 12 beginnt die Arbeit im Hort mit dem Abholen der ersten Schulkinder. Da Einige allein in den Hort gehen, muss auch hier Jemand anwesend sein. Mein Kollege und ich wechseln uns also ab. Das Haus ist bilingual geführt, mein Kollege ist Australier und spricht ausschließlich Englisch. Die Verständigung klappt gut, außer, wenn ich aufgeregt bin. Dann fehlen mir die Worte, aber er spricht dann für mich weiter und hat bisher immer erraten, was ich meine.

Da die erste Woche Osterferien waren, habe ich den ganzen Tag im Kiga verbracht. Allerdings haben wir auch den Hort durch geputzt und uns ausgetauscht. Die Chefin meinte, der „soft“ Start könnte nicht schaden und da der Personalmangel unerträglich ist, sollte ich so rasch, wie möglich anfangen. Und so kam es, dass ich bereits am 3. Tag die erste halbe Stunde komplett allein in der Gruppe war. Nicht jedes Kiga Kind findet es cool früh morgens von einer Fremden begrüßt zu werden. Mittlerweile kennen mich die Kids und fordern sogar, dass ich bleiben soll, wenn ich in den Hort muss. Und bei den Kleinkindern habe ich sogar einen Fan. Er hat mich ein einziges Mal im Frühdienst gesehen, zwischen 7 und 8, dann bin ich mit den Kiga Kindern gegangen. Er war so angetan, dass seine Mutter mich 3 Tage später gefragt hat, ob ich die Frau Sylvia bin, weil B. so viel von mir erzählt.

Diese Woche habe ich meine Hort Kinder wieder gesehen. Ich habe von Vielen gehört, dass sie sich auf mich gefreut haben. M. sagt, dass das die beste Hortwoche seit langem war und selbst die Chefin hat gemeint, dass es schon ewig nicht mehr so ruhig war im Hort. Ich kann das natürlich nicht beurteilen und eine gewisse Unruhe gibt es immer bei 22 Kindern in einem Raum. Aber ich freue mich natürlich. Für mich ist alles so neu, als komplett Quereinsteigerin sowieso. Ich habe 2x mit der gesamten Gruppe gearbeitet (Gruppenangebot), nächste Woche werde ich einmal die gesamte Gruppe und 1x die Viertklässler versammeln. In 9 Wochen beginnen die Ferien und 7 Kinder verlassen uns.

Körperlich ist es grenzwertig, die kleinen Sessel im Kiga sind suboptimal für das Knie, die Stufen in den ersten Stock auch nur semi. Oft krieche ich um 16 Uhr nachhause. Aber noch habe ich keine Schmerzmittel genommen ( painkiller finde ich übrigens sehr genial), nur darüber nach gedacht. Ich hoffe, dass das im Lauf der Zeit besser wird.

Arthroskopie

Am 25.3. hatte ich also die OP am linken Knie. Die Tage vorher habe ich hin gezittert, dass nicht abgesagt wird wegen Personalknappheit. Am Tag davor den PCR Test gemacht in der großen Hoffnung negativ zu sein. Mit 2 Schulkindern weiß man es ja nicht. Schlussendlich am Freitag um 11 Uhr nüchtern eingecheckt. Speising ist das orthopädische Krankenhaus in Wien und im Laufe eines Lebens als Wienerin hört man so einiges von dort. Ich kann sagen, dass ich die 23 Stunden dort sehr gut aufgehoben war. Direkt nach der Aufnahme wurde ich in ein eigenes Vorbereitungszimmer gebracht, meine persönlichen Sachen musste ich in einer Box lagern, das kesse OP Hemd anziehen und dann könnte es bis zu 3 Stunden dauern, dass ich geholt werde. Kaum hatte die Schwester ausgesprochen wurde ich geholt. Vor dem OP Bereich habe ich dann eine halbe Stunde gewartet, war aber abgelenkt durch die Kälte dort. Mein Orthopäde ist zufällig Oberarzt in Speising und hat mir mehrmals gesagt, dass er mir nicht versprechen kann, mich persönlich zu operieren. Trotzdem stand er bei der Vorbereitung im grünen OP Style plötzlich vor mir und wir hatten einen unserer spannenden Dialoge.

„Sie wissen ja, dass das Knie komplett kaputt ist und die Arthroskopie nur der Schmerzlinderung dient. Ich werde mich aber sehr bemühen, dass wir das Knie solange wie möglich erhalten. Sind Sie nervös?“ „Ja, sicher! Und Sie?“ Er verneint grinsend und meint, wir sehen uns gleich im OP. Die Schwester schaut mich mit großen Augen an und sagt, dass sie so ein Gespräch auch noch nicht gehört hat, obwohl der Herr Doktor schon lange im Haus ist.

Immer wieder fasziniert mich die große Betriebsamkeit direkt im OP Saal. Kaum angekommen werden Geräte gecheckt, der linke Arm angebunden, ein Zugang gestochen, Fragen gestellt. In all der Action vergisst Herr Martín nicht, dass ich vom warten schon völlig durchgefroren war und bläst mir warme Luft in die gewärmte Decke. Man sollte nicht glauben wie angenehm solche Kleinigkeiten sind. Die Sekunden zwischen wach sein, schwindlig werden und weg sein, hasse ich am Meisten. Ich habe gern die Kontrolle über meinen Körper und Geist. Einer der Gründe warum ich keinen Alkohol trinke. Diese künstliche, traumlose Schwärze mag ich nicht. Sie haben mir eine Stunde genommen, mit der Zeitumstellung am Sonntag sogar zwei.

Kaum im Aufwachzimmer zu mir gekommen, wurde ich schon abgeholt. Kaum im Zimmer angekommen wurde mir Essen gebracht. Kaum mit dem Essen fertig kam die Physio mit den Krücken die ersten Schritte machen. Ich war ehrlich überrascht, dass ich keine Schmerzen hatte. Immerhin hat mir das Knie monatelang weh getan. Jetzt war es stabiler und nur gegen einen Widerstand zu treten war unangenehm. Das gibt sich mittlerweile auch immer mehr. Ich brauchte die Schmerzinfusion weder vom Tagdienst, noch vom Nachtdienst und wurde am nächsten Tag um 10 Uhr entlassen.

Ich bin sehr froh, dass alles so gut geklappt hat. Nächste Woche kommen die Nähte raus und am 11.04. beginne ich, wie geplant meinen neuen Job.